Computer sind aus der heutigen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Kaum
eine Aufgabe wird noch ohne die Unterstützung der technische Geräte bewältigt. Doch nicht
nur im Arbeitsalltag stehen Computer im Mittelpunkt. Auch bei der Freizeitgestaltung wird
die Bedeutung von Computern und Konsolen immer wichtiger.
Computerspiele sind längst ein, mehr oder weniger in der
Gesellschaft anerkannter, Teil unseres Lebens. Man kann dabei die Realität
vergessen und in fremde Welten eintauchen, ohne großartiges Training zum Spitzensportler
werden oder einfach gemütlich mit Freunden zusammen die Zeit genießen. Doch egal welches
Genre bei Computerspielen bevorzugt wird, fast alle haben sie eines gemeinsam: Im Laufe des
Spiels wird dem Spieler mit Hilfe verschiedenster Elemente angezeigt, was er bereits
erreicht hat oder noch erreichen kann, beziehungsweise soll. Ob es sich dabei um
Erfahrungspunkte und regelmäßige Level Ups, Ranglisten oder verschiedene
Aufgaben handelt - durch diese typischen Elemente bei Computerspielen wird die Motivation
erheblich gesteigert.
Es ist kein Wunder, dass ein derartig erfolgreiches Konzept auch den Weg in andere,
spielfremde, Bereiche gefunden hat. Was bereits seit Generationen unter dem Begriff
"spielend lernen" bekannt ist, und vor allem bei der Erziehung von Kindern
genutzt wurde, findet nun auch
Anwendung im Wirtschaft- Unterhaltungs- und Werbesektor. Das Zauberwort lautet
Gamification. Doch was versteht man darunter eigentlich genau?
Der Begriff Gamification leitet sich aus dem Englischen ab, genauer von dem Wortstamm "Game" was übersetzt so viel wie Spiel bedeutet. Meist wird auch im Deutschen der englische Begriff verwendet, teilweise in deutscher Schreibweise Gamifikation. Weitere Synonyme sind Gamifizierung oder auch Spielifikation. Unter Gamification versteht man, die Anwendung typischer Elemente von (Computer)Spielen, in einem spielfremdem Kontext. Dadurch soll spielerische Motivation in Bereiche gelangen, welche sich bislang nur als monotone, wenig herausfordernde Aufgaben ausgezeichnet hatten.
Das vorrangige Ziel von Gamification ist, das Verhalten von Personen, aber auch deren Sichtweise zu bestimmten Dingen zu beeinflussen. Dadurch werden unliebsame Aufgaben interessanter gestaltet, wodurch die Motivation diese zu erledigen erheblich ansteigt.
Betrachtet man die Definition des Begriffes genauer wird schnell klar, dass Gamification längst unseren Alltag beherrscht. Auch ohne dass dieses Konzept mit einem klaren Namen versehen war und der Hype seinen Höhepunkt erreicht hat, sorgte der gesunde Menschenverstand dafür, dass die Idee hinter diesem Begriff angewendet wurde.
Eines der typischsten Beispiele von Gamification im Alltag gehört zu jenen
Anwendungen, welche seit langer Zeit betrieben werden. Dem Kunden wird ein Belohnungssystem
geboten, welches im ermöglicht Produkte gratis oder mit einem Nachlass zu erwerben. Dazu
muss davor jedoch eine bestimmte Anzahl an "Punkten" gesammelt werden. Das bekannteste
Beispiel hierbei sind Vielfliegermeilen. Für jeden mit einer bestimmten Fluglinie
zurückgelegten Kilometer werden Punkte auf das Konto gebucht. Je mehr Punkte umso besser und
teurer werden die Belohnungen und können bis zu gratis Flügen reichen. Dadurch steigt die
Motivation, sämtliche Flüge bei dieser einen Fluglinie zu buchen.
In die gleiche Kategorie fallen Stempelpässe für Kaffee, Brot oder bei der Dönerbude
nebenan. Meist ist jedes zehnte Produkt gratis. Als Beweis - und als Fortschrittsanzeige für
den "Spieler" (also den Kunden) dienen Karten, bei welchen jeder Kauf abgestempelt werden
muss. Dadurch wird ein Bezug zwischen dem Konsumenten und dem Anbieter geschaffen, welcher
einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz schafft. Häufig wird durch die Motivation, den
Stempelpass zu vervollständigen, und dadurch ein gratis Produkt zu erhalten, ein längerer
Weg auf sich genommen und näher gelegene Konkurrenten ignoriert. Doch auch längerfristig hat
dieses Belohnungskonzept Auswirkungen. Über Kurz oder Lang wird so ein Anbieter, ein Lokal,
ein Imbissstand zu einem bevorzugten Ort der Konsumenten. Diese Gewohnheit wird häufig auch
dann beibehalten, wenn aktuell keine möglichen Belohnungen angeboten werden.
Vor allem eintönige, wenig herausfordernde Arbeiten sorgen häufig für Frust beim
Arbeitnehmer. Werden spielerische Konzepte in diesen Arbeitsprozess eingebunden, sorgt dies
für mehr Motivation und daraus resultierend besseren Leistungen.
Häufig wird hier das Konzept einer Rangliste verwendet, wodurch das Konkurrenzdenken
angeregt wird. Als Beispiel können hier Callcenter, Immobilienmakler oder Börsen Broker
angeführt werden. Für jeden getätigten Verkauf werden Punkte in der
Rangliste gut geschrieben. Der Verkäufer, welcher am Monatsende auf Platz
Eins liegt, erhält eine Auszeichnung als Mitarbeiter des Monats, welche
häufig mit einer Bonuszahlung verbunden ist.
Das Konzept der Belohnung kann jedoch auch für jeden
Arbeitnehmer einzeln, ohne Konkurrenzdenken, angewendet werden. So ist es zum Beispiel beim
Überprüfen von Software häufig üblich, für jeden gefundenen Fehler eine zusätzliche
Belohnung zu erhalten.
Arbeitnehmer können auch ohne Belohnung zusätzlich motiviert werden. Zu den Möglichkeiten
zählen hier beispielsweise eine klare Anzeige des Arbeitsfortschritts oder auch die
Einbindung von Arbeiten, welche nur in Gruppen gelöst werden können.
Im weitesten Sinne ebenfalls unter den Punkt der Gamification zu führen ist das Feedback,
welches der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bietet. Eine rasche Rückmeldung zur Arbeitsleistung
ist eine unmittelbare Auswirkung auf die geleistete Arbeit.
Niemand gibt gerne im Internet persönliche Daten preis. Das dies geschieht ist jedoch einer
der wesentlichen Faktoren bei online Marketing, Marktanalysen und Ähnlichem. Locken jedoch
Belohnungen, Ranglisten, Level Ups und Ähnliches, ist die Hemmschwelle der User plötzlich
deutlich geringer.
Beinahe jedes größere Internetportal hat Konzepte der
Gamification eingebunden. Ein online Forum bietet die Möglichkeit, die
Anzahl der geschriebenen Beiträge, die Anzahl der beantworteten Fragen usw. einzublenden.
Dadurch wird indirekt die eigene, mögliche, Kompetenz wiedergespiegelt. Je mehr Beiträge
umso größer das Allgemeinwissen, umso wichtiger der Nutzer. Direkt kann dies auch durch
Level wiedergegeben werden, welche jeweils eine bestimmte Anzahl an Antworten oder auch
positiver Bewertungen von Antworten erfordern.
Verschiedene Websites bieten die Möglichkeit, einen Besuch an einem bestimmten Ort (Hotel,
Gasthaus, Museum, ...) zu verlinken und zu bewerten. Dies sind wertvolle Informationen,
welche sich im Marketingsektor in bares Geld umwandeln lassen können. Der Nutzer hat
prinzipiell, bis auf das gute Gefühl, seinen Mitmenschen zu helfen und die Auswahl von
Lokalen oder ähnlichem zu erleichtern, keinerlei Vorteile. Eine einfache Rangliste kann
bereits ausreichend sein, um die Motivation Bewertungen abzugeben zu steigern. Dies kann
soweit führen, dass jene Personen, welche bestimmte Geschäfte am häufigsten als "besucht"
markiert haben, in genau jenen Geschäften Preisnachlässe und Boni erhalten.
Das spielerische Lernen ist eines der ältesten Anwendungsgebiete von
Gamification. Als gutes Beispiel kann hier das Lernen von
Vokabeln dienen. Grundsätzlich ist dies eine langwierige und sehr eintönige, langweilige
Angelegenheit. Wird dies jedoch damit verknüpft, dass es eine Rangliste (Konkurrenzdenken)
und verschiedene Stufen und Auszeichnungen von Vokabel
Neuling bis zum Meister, steigt die Motivation sprunghaft an. Aber auch deutlich komplexere
Anwendungsgebiete sind möglich. So wird beispielsweise häufig jungen, aufstrebenden
Wissenschaftlern, welche auch als Dozenten auf der Universität agieren, beigebracht vom
klassischen System der Vorlesung abzuweichen. Anstelle von Predigen und Monologen des
Dozenten sollen die Studenten direkt in das Geschehen eingebunden werden. Dies kann durch
einfache Gruppenarbeiten bis hin zu verschiedenen Aufgaben (oder um es in der Sprache von
Computerspielen auszudrücken: Quests) auch außerhalb der Universität reichen.
Doch auch von Seiten der Eltern kann Gamification verwendet werden, um den
Lernerfolg der Kinder zu steigern. Das einfachste und beliebteste Mittel hierzu ist das
Belohnungssystem. Für eine bestimmte Anzahl an erfolgreich abgeschlossenen Prüfungen (wobei
hier Erfolg natürlich unterschiedlich definiert werden kann, vom einfachen Bestehen bis zu
einem sehr guten Ergebnis) lockt eine im Vorhinein bekannt gegebene Belohnung. Am besten
wird auch der Fortschritt offen sichtbar festgehalten.
Unter dem Begriff Gamification werden viele Ideen und Konzepte
zusammengefasst. Viele davon waren bereits vor der "Entdeckung" dieses Marketingkonzepts in
Verwendung. Nichts desto trotz wird heutzutage Gamification als DAS neue
Wundermittel zur Verbesserung beinahe jeglicher Situationen verkauft und auch beinahe
überall angewandt. Allerdings gibt es auch kritische Stimmen.
Gamification hat den negativen Beigeschmack, dass durch diese Konzepte
Menschen dazu gebracht werden, Dinge zu tun, die sie nicht tun möchten (Beispiel
Datensammlung im Internet).
Jedenfalls zählt Gamification aktuell zu den bekanntesten und
erfolgreichsten Konzepten. Dementsprechend verkauft sich auch das "Wissen" rund um diesen
Begriff ausgezeichnet. Doch auch dieser Hype wird langsam aber doch abflauen, mit dem
Ergebnis, das verschiedene Ideen verschwinden werden, während hingegen andere überleben
werden und unter einem neuen Begriff erneut erfolgreich vermarktet werden.